
Über ein Jahr nach mehreren Paketbränden bei DHL – darunter am Frachtdrehkreuz Leipzig/Halle – zieht die ICAO Konsequenzen. Gemeinsam mit dem Weltpostverein hat die Internationale Luftfahrtorganisation ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Luftpost-Sicherheit vorgestellt. Neben Schulungen für das Personal und dem Einsatz moderner Sicherheitstechnik wird vor allem auf eine engere internationale Zusammenarbeit gesetzt.
Rund ein Jahr nach den Paketbränden bei DHL in Leipzig und Birmingham wollen die Vereinten Nationen die Sicherheitsvorkehrungen für Luftpost verschärfen. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) und der Weltpostverein (UPU) haben am Montag (4. August) ein umfassendes Sicherheitspaket vorgestellt. Geplant sind unter anderem Schulungen für Post- und Flughafenmitarbeiter, um verdächtige Sendungen frühzeitiger zu identifizieren.
Bedrohungslage verändert sich
„In den vergangenen zwölf Monaten hat sich das Bedrohungsbild erheblich verändert: Wir beobachten, dass zunehmend versierte Akteure versuchen, Luftfracht- und Postlieferketten mit improvisierten Brandsätzen zu sabotieren“, heißt es in einer gemeinsam Erklärung von ICAO und UPU. Solche Angriffe seien eine Weiterentwicklung bisheriger Risiken durch Sprengsätze und verlangten ein breiter angelegtes, mehrstufiges Sicherheitskonzept.
In den vergangenen zwölf Monaten haben wir gesehen, wie immer professionellere Akteure versuchen, Unterbrechungen in der Lieferkette zu verursachen.
Sonia Hifdi | ICAO-Direktorin für Sicherheitsfragen
Konkret sehen die Pläne eine ganze Reihe von Maßnahmen vor, um bestehende Schwachstellen zu identifizieren, Abläufe zu sichern und internationale Standards zu harmonisieren. So sollen Paketdienstleister und Fluggesellschaften unter anderem mehr Daten austauschen, um gefährliche Pakete schneller zu erkennen.
Die weiteren geplanten Maßnahmen:
- Schulungen und Sicherheitskultur: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit der Annahme, Verarbeitung und Kontrolle von Postsendungen befasst sind, sollen systematisch geschult werden. Begleitend sollen Programme zur Entwicklung einer aktiven Sicherheitskultur eingeführt werden.
- Technologischer Ausbau: Der Einsatz fortschrittlicher Kontrolltechnik wie hochentwickelter Röntgensysteme und Explosivstoffdetektoren soll künftig stärker standardisiert und in den Betrieb integriert werden.
- Internationale Audits und nationale Kontrolle: ICAO und UPU wollen verstärkt gemeinsame Prüfungen und Zertifizierungen durchführen – etwa im Rahmen des ICAO Universal Security Audit Programms (USAP-CMA) oder durch die UPU-Zertifizierung.
- Interinstitutionelle Zusammenarbeit: Webinare, Workshops und Veranstaltungen sollen den Austausch zwischen nationalen Behörden, internationalen Organisationen, Postbetreibern und Fluggesellschaften fördern.
Unabhängig von den nun seitens der ICAO angekündigten Maßnahmen hat DHL offenbar bereits kurz nach den Zwischenfällen selbst reagiert. Auf Nachfrage von Luftraum Ost erklärte das Unternehmen im April: „DHL Express hat in allen europäischen Ländern Maßnahmen ergriffen, um sein Netzwerk, seine Mitarbeitenden und Einrichtungen sowie die Sendungen seiner Kunden zu schützen.“ Zu den Einzelheiten äußerte sich DHL nicht. Die Zurückhaltung bei operativen Details ist in der Branche üblich, um die Wirksamkeit der Maßnahmen nicht zu gefährden.
Zwischenfall 2024: Brandsätze in Paketen
Im Juli des vergangenen Jahres geriet im DHL-Frachtzentrum am Flughafen Leipzig/Halle ein Paket in Brand. Als sich der Brandsatz entzündete, sollte das Paket gerade in ein Frachtflugzeug verladen werden. Es sei nur einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass das Paket noch am Boden und nicht während des Fluges in Brand geraten sei, sagte der damalige Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang bei einer öffentlichen Befragung der deutschen Geheimdienste im Bundestag. Fast zeitgleich kam es zu ähnlichen Vorfällen in Birmingham und Warschau.
Wäre das an Bord während des Fluges explodiert, wäre es zu einem Absturz gekommen.
Thomas Haldenwang | ehem. Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz
Die Ermittlungen deuten auf gezielte Sabotage hin. Medienberichten zufolge könnten sogenannte Wegwerf-Agenten des russischen Militärgeheimdienstes GRU hinter den Taten stecken – angeworben über Messenger-Dienste wie Telegram, meist ohne Kenntnis des Gesamtplans.