Antonov An-225: Zerstörter Traum bleibt unvergessen

Die Antonov An-225 war nicht nur das größte Flugzeug der Welt, sondern auch ein fliegendes Nationalsymbol der Ukraine. (Foto: Antonov Company)

Bei den Kämpfen um den bei Kiev gelegenen Flughafen Gostomel ist der Großfrachter An-225 zerstört worden. Das bestätigten ukrainische Behörden. Das größte Frachtflugzeug der Welt war aber nicht nur ein Einzelstück, sondern auch ein fliegendes Wahrzeichen der Ukraine, dass regelmäßig in Ostdeutschland zu Gast war.

Die Antonov An-225 mit dem Beinamen „Mriya“ (dt.: Traum) war mehr als nur das größte Flugzeug der Welt. Für viele Menschen – insbesondere in der Ukraine – war sie ein fliegendes Symbol der ukrainischen Unabhängigkeit, der Ingenieurskunst und der Hoffnung auf eine freie, demokratische Zukunft. Die Zerstörung der Maschine im Zuge militärischer Kämpfe am Flughafen Hostomel nahe Kiew markiert nicht nur den Verlust eines technischen Meisterwerks, sondern auch eines einzigartigen kulturellen Symbols.

Fliegender Stolz der Ukraine

Die An-225 war ein Einzelstück. Ursprünglich in den späten 1980er-Jahren als Transportflugzeug für die sowjetische Raumfähre Buran entwickelt, hob sie 1988 zum ersten Mal ab. Nach dem Ende des sowjetischen Raumfahrtprogramms wurde die Maschine zunächst stillgelegt, später aber wieder aktiviert und zu einem der bedeutendsten Frachtflugzeuge der Welt umgerüstet.

Mit einer Länge von 84 Metern, einer Spannweite von fast 90 Metern und einer maximalen Nutzlast von über 250 Tonnen stellte die An-225 zahlreiche Rekorde auf. Voll beladen brachte sie weit über 600 Tonnen auf die Waage. So viel wie kein anderes Flugzeug.

Globaler Botschafter im Frachteinsatz

Nicht nur durch ihre Größe zog die „Mriya“ weltweit Aufmerksamkeit auf sich. Lackiert in den ukrainischen Nationalfarben Blau und Gelb, wurde sie zu einem internationalen Botschafter des Landes. Ob auf Flugshows, humanitären Missionen oder Spezialtransporten – wo auch immer sie auftauchte, war ihr Auftritt ein Ereignis.

In den letzten Jahren flog sie Dutzende Rekorde ein. Wie das Luftfahrtmagazin „Flight Global“ berichtet, brachte sie im Juni 2004 Ölpipeline-Ausrüstung mit einem Gesamtgewicht von 247 Tonnen von Prag nach Taschkent. Das schwerste jemals transportierte Einzelstück war ein 187 Tonnen schwerer Generator für ein Gaskraftwerk in Armenien. Das Flugzeug selbst wiegt leer 175 Tonnen.

Antonov ist nicht gleich Antonov

Die Antonov An-225 war die größte Maschine des Flugzeugherstellers Antonov. Das in der Sowjetunion entwickelte sechsstrahlige Frachtflugzeug galt als das schwerste eingesetzte Flugzeug der Welt. Von diesem Flugzeug wurde aber nur ein Exemplar fertiggestellt, das durch Gefechte um den Kiewer Flughafen Gostomel zerstört wurde.

Die Antonov An-124 ist eine etwas kleinere Maschine, die aber ähnlich wie die An-225 konstruiert ist. Das als Hochdecker konzipierte Modell wurde für das sowjetische Militär Ende der 1970er-Jahre als Truppentransporter entwickelt. Mit einer Zuladung von bis zu 150 Tonnen sind diese Maschinen seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion auch als zivile Frachtflugzeuge weltweit unterwegs. Die größten zivilen Betreiber sind die russische Volga-Dnepr Airlines und die ukrainische Antonov Airlines.

Auch in Deutschland war sie regelmäßig zu Gast – insbesondere am Flughafen Leipzig/Halle. Dort landete sie über dreißig Mal, häufig zur Lieferung schwerer oder besonders dringlicher Güter. Plane-Spotter und Luftfahrtfans reisten aus ganz Europa an, um Starts und Landungen zu dokumentieren – für viele ein unvergessliches Erlebnis.

Für jeden Luftfahrtbegeisterten der etwas auf sich hielt, war es ein ungeschriebenes Gesetz, die große Antonov zumindest einmal in Aktion zu sehen. Das war aber gar nicht so einfach. Denn die An-225 war weltweit unterwegs.

Vor vier Jahren landete die Antonov als Überraschungsgast am Eröffnungstag der Internationalen Luft- und Raumfahrtaustellung ILA 2018 in Berlin-Schönefeld. Die Antonov stahl damals einem anderen fliegenden Riesen – dem Airbus A380 – ohne Mühe die Show.

Ein zerstörter Traum – und die Hoffnung auf Wiederaufbau

Beim russischen Überfall auf die Ukraine wurde die An-225 am 27. Februar 2022 fast vollständig zerstört – genaue Informationen variieren je nach Quelle und Zeitpunkt der Erhebungen. Ein Hoffnungsschimmer bleibt: Der Rumpf eines zweiten, nie fertiggestellten Exemplars der An-225 existiert bis heute. Er lagert seit Jahrzehnten in einem Hangar – möglicherweise unversehrt.

Bislang hatte es sich wirtschaftlich nicht rentiert, dieses Exemplar fertigzustellen. Denn die Nachfrage nach dem Riesenfrachter ist begrenzt. Viele Schwerlasttransporte konnten auch ihre kleineren Schwestermaschinen vom Typ An-124 bewältigen. Ein Wiederaufbau oder Neubau würde allerdings gewaltige finanzielle und technische Ressourcen erfordern. Schätzungen sprechen von Kosten in Milliardenhöhe.

Ob die „Mriya“ je wieder am Himmel zu sehen sein wird, bleibt ungewiss. Doch selbst wenn nicht – ihr Vermächtnis besteht weiter: als Symbol für technische Exzellenz, als fliegender Botschafter eines freien Landes und als Hoffnungsträger in schwierigen Zeiten. Für viele bleibt die Erinnerung an die majestätische An-225 unvergessen – und die Vorstellung von einem „Traum“, der weiterlebt, selbst wenn das Flugzeug nicht mehr fliegt.

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