
Der Landkreis Harz muss sparen – und das massiv. Die Ausgaben des Kreises sollen bis 2033 um über 73 Millionen Euro reduziert werden, um einen genehmigungsfähigen Haushalt zu bekommen. Im Fokus stehen freiwillige Leistungen und Beteiligungen – darunter auch der traditionsreiche Flugplatz Ballenstedt.
Auf den ersten Blick wirkt der Flugplatz Ballenstedt wie ein typisches Flugfeld auf dem Lande: eine kleine Start- und Landebahn, ein paar Hangars, ein Vereinsheim. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Der Verkehrslandeplatz am nördlichen Harzrand ist ein Drehkreuz der Allgemeinen Luftfahrt, ein logistischer Stützpunkt im Katastrophenschutz – und ein wirtschaftlicher Faktor mit kultureller Strahlkraft.
Rund 16.000 Flugbewegungen verzeichnete der kleine Flugplatz im letzten Jahr. Neben dem regulären Flugbetrieb finden außerdem Fallschirmsprung- und Modellflugveranstaltungen statt. Ebenso zum Programm gehört das Rockharz-Festival, das allein in diesem Jahr 25.000 Besucher an das Flugplatzgelände lockte. Seit 2023 ist außerdem das Löschflugzeug „Hexe 1“ in Ballenstedt stationiert – bereit, binnen kürzester Zeit zu Bränden rund um den Nationalpark Harz auszurücken.
Landkreis Harz unter Sparzwang
Doch nun wirft die angespannte Finanzlage des Landkreises Harz ihren Schatten auf den Flugplatz. Ende März hatte die Verwaltung dem Kreistag ein umfassendes Haushaltskonsolidierungskonzept vorgelegt. Auf 64 Seiten werden darin eine ganze Reihe von Kürzungen aufgezählt, mit deren Hilfe man bis 2033 über 73 Millionen Euro im einsparen will. Auf Seite 26 ist auch die Beteiligung des Landkreises am Flugplatz Ballenstedt auf der möglichen Streichliste aufgeführt, die dem Kreis jährlich rund 11.900 Euro kostet.

Trotz des möglichen Ausstiegs aus der Trägerschaft betont die Kreisverwaltung auf Anfrage von Luftraum Ost, dass man den Flugplatz Ballenstedt als wichtigen Standortfaktor sehe, „auch vor dem Hintergrund größerer Industrieansiedlungen, wie z. B. Daimler Truck in Halberstadt“. Eine Entscheidung über den Rückzug sei außerdem noch nicht gefallen – es gebe auch noch keinen konkreten Zeitpunkt dafür. Die Beteiligung werde derzeit noch geprüft.
Luftrettung, Luftsport, Großveranstaltungen
Außerdem verweist der Landkreis auf die vielfältige Rolle des Flugplatzes. Als Homebase des Harzer Löschflugzeugs biete der Standort „optimale Bedingungen, um im Einsatzfall schnell zu den Waldbränden im Harz zu gelangen“. Auch für den Luftsport und den Tourismus habe der Platz überregionale Bedeutung. Die Zahl der Flugbewegungen sei seit Jahren stabil, die Veranstaltungsbilanz umfangreich.

Dennoch stellt sich der Landkreis offenbar die Frage nach der Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells. Die Betreibergesellschaft arbeitet seit Langem mit einer klaren Verlustobergrenze: Maximal 30.000 Euro Defizit pro Jahr – eine Marke, die in den letzten Jahren auch nicht überschritten wurde. Einnahmen generiert der Platz etwa über Vermietungen von Hangars, Stellplätzen und Gebäuden, über Gastronomie und Veranstaltungen sowie eine Photovoltaik-Fläche. Der Landkreis zweifelt aber offenbar an der Wirtschaftlichkeit des Platzes. Luftraum Ost erklärte das Landratsamt: „Es ist derzeit nicht ersichtlich, wie trotz der Vielzahl an Angeboten und Veranstaltungen mit einer Strahlkraft weit über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus der Flugplatzbetrieb kostendeckend gestaltet werden soll.“
Unklare Folgen eines möglichen Ausstiegs
Auch wenn der Ausstieg des Landkreises noch nicht beschlossen ist, scheint man sich aber über die rechtlichen und praktischen Folgen einer solchen Entscheidung schon Gedanken zu machen. Zwar könnte der Flugplatz nach Einschätzung des Landkreises nach dem Ausstieg vom Löschflugzeug weiter genutzt werden, allerdings hätte man keinen Einfluss mehr auf die künftige Gesellschafterstruktur. Zwar wären mit der Stadt Ballenstedt und der Stadt Thale auch weiterhin zwei kommunale Gesellschafter und mit den Technischen Werken Ballenstedt ein Kommunalbetrieb beteiligt, heißt es. Gespräche über neue Modelle oder alternative Finanzierungswege wurden mit den anderen Gesellschaftern allerdings bislang nicht geführt. Offen bleibt daher auch, ob die beiden Kommunen den Wegfall des Landkreises in der Finanzierung überhaupt ausgleichen können oder wollen.
Harzkreis-Landrat Thomas Balcerowski (CDU) stellte im Juni in der Mitteldeutschen Zeitung (€) in Aussicht, dass ein möglicher Ausstieg aus der Flugplatzgesellschaft auch wieder verworfen werden könnte – sollte es dem Kreis finanziell besser gehen, weil beispielsweise die Soziausgaben nicht mehr so hoch sind. Ob sich diese Entlastung in den kommenden Jahren tatsächlich einstellt, ist offen. Damit bleibt auch die Zukunft der Kreisbeteiligung ungewiss: Ein Rückzug ist ebenso denkbar wie ein Verbleib in der Trägerschaft. Der Flugbetrieb in Ballenstedt läuft derweil regulär weiter – auch Veranstaltungen und touristische Angebote sind bislang nicht von der Diskussion betroffen.