TU Freiberg zündet SAF-Turbo: Aus Methanol wird Kerosin

Im sächsischen Freiberg ist eine neuartige Pilotanlage zur Herstellung klimaneutralen Flugzeugtreibstoffs auf Methanolbasis in Betrieb gegangen. Ziel ist es, bis 2030 eine industrielle Großanlage zu errichten.

Nachhaltige Kraftstoffe sollen die energiehungrige Luftfahrt künftig klimaneutral machen. (Foto: Jebulon | CC0 1.0)

Die TU Bergakademie Freiberg hat eigenen Angaben zufolge Deutschlands größte Anlage zur Herstellung von klimaneutralem Kerosin auf Methanolbasis in Betrieb genommen. Die Anlage ist Teil des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projekts EwOPro („Entwicklung des Olefins-to-Jetfuel-Prozesses als hochinnovative Stufe der Herstellung von Kerosin aus erneuerbarem Methanol“), das auf die Umwandlung von erneuerbar erzeugtem Methanol in flugtaugliches Kerosin abzielt. Das Projekt knüpft an das Vorgängerprogramm KEROSyN100 an, in dem bereits erste SAF-Prototypen erfolgreich getestet wurden.

Federführend sind neben der TU Bergakademie Freiberg vor allem CAC Engineering aus Chemnitz, die als Technologiegeber mit ihrer patentierten METHAJET-Technologie den Kernprozess liefern. Dabei wird der Ausgangsstoff Methanol regenerativ aus Kohlendioxid und Wasserstoff hergestellt. Im Unterschied zu herkömmlichen Verfahren kann es den Forschern zufolge an Standorten mit hohem Angebot erneuerbarer Energie klimaneutral hergestellt, als flüssiger Energieträger effizient transportiert und an Standorten mit der nötigen Infrastruktur aufbereitet werden. Der eigentliche Umwandlungsprozess in Kerosin zeichne sich dann durch eine hohe Produktausbeute bei vergleichsweise geringem Energieeinsatz aus.

Luftfahrt setzt große Hoffnungen in alternative Treibstoffe

Die Demonstrationsanlage am Institut für Energieverfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen der TU Freiberg ist die größte ihrer Art in Deutschland. „Die Ergebnisse der Anlage bilden die Basis für die industrielle Anwendung und ermöglichen somit zeitnah einen signifikanten Beitrag zur Klimaneutralität“, betont Prof. Martin Gräbner, der das Projekt mitverantwortet.

Erste Kerosinmuster für eine internationale Zertifizierung bei ASTM International sollen 2026 eingereicht werden. Die Voraussetzungen dafür wurden bereits im Rahmen des erfolgreichen Prescreenings 2024 geschaffen. Eine kommerzielle Nutzung synthetischer Flugkraftstoffe ist nur mit einer Zertifizierung durch die ASTM möglich. Die Organisation legt weltweit anerkannte Sicherheits- und Qualitätsstandards für alternative Kraftstoffe fest, die in derzeit gängigen Verbrennungstriebwerken zur Verringerung von Emissionen eingesetzt werden können.

Synthetische Kraftstoffe, auch E-Fuels genannt, gelten als Hoffnungsträger für die klimafreundliche Mobilität – insbesondere dort, wo Batterien oder Wasserstofftechnologien an ihre Grenzen stoßen. In der Luftfahrt etwa ist die hohe Energiedichte flüssiger Kraftstoffe für Langstreckenflüge bislang unverzichtbar. Unterdessen haben sich die meisten Fluggesellschaften über die International Air Transport Association (IATA) verpflichtet, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es – neben Effizienzsteigerungen und Flottenmodernisierung – alternative Treibstoffe. Dabei sollen sogenannte Sustainable Aviation Fuels (SAF) das fossile Kerosin anteilig und langfristig vollständig ersetzen.

Geringe SAF-Produktion trotz großen Bedarfs

So vielversprechend das Projekt aus Sachsen auch erscheint, bleibt es nicht ohne offene Fragen. Eine ab 2030 geplante Produktionskapazität von 10.000 Tonnen jährlich ist im Verhältnis zum globalen Bedarf verschwindend gering. Allein die Lufthansa verbrauchte vor der Corona-Pandemie jährlich über zehn Millionen Tonnen Kerosin – das Freiburger Projekt könnte diesen Bedarf rechnerisch zu nicht einmal einem Prozent decken.

Auch die energieökonomische Effizienz von synthetischen Kraftstoffen steht immer wieder in der Kritik. Denn der Energieverlust bei der Umwandlung von Strom zu Kraftstoff ist hoch: Laut Agora Verkehrswende liegt die Gesamtverlustrate bei rund 60 bis 70 Prozent. Das macht die SAFs zu einer vergleichsweise teuren Lösung, die aus Sicht vieler Experten nur dort eingesetzt werden sollte, wo keine Alternativen bestehen – eben etwa in der internationalen Luftfahrt oder Schifffahrt.

Langer Weg mit großen Hürden

Hinzu kommen wirtschaftliche Hürden: Die Herstellungskosten für synthetisches Kerosin liegen aktuell noch ein Vielfaches über denen fossiler Kraftstoffe. Ohne staatliche Anreize, Beimischungsquoten oder einen deutlich höheren CO₂-Preis ist ein breiter Markthochlauf nicht absehbar. Der International Council on Clean Transportation (ICCT) geht davon aus, dass SAF in signifikanten Mengen erst nach 2040 im Markt ankommen wird – und selbst dann nur unter idealen politischen Rahmenbedingungen.

Nichtsdestotrotz ist die Freiberger Anlage ein spannender technologischer Entwicklungsschritt in der Herstellung nachhaltiger Flugkraftstoffe. Die Frage, wie tragfähig die Methanol-basierten E-Fuels tatsächlich sein werden – sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch – dürfte sich aber erst in den kommenden Jahren zeigen. Die Pilotanlage in Freiberg ist damit nicht nur ein Baustein der angewandten Forschung, sondern auch ein Testfeld für politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die noch nicht abschließend geklärt sind.

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