
Russland bereitet offenbar die Übernahme und Zerschlagung des kriselnden Frachtkonzerns Volga-Dnepr vor. In Leipzig/Halle stehen seit drei Jahren drei Antonov An‑124 der Airline am Boden – und werden dort wohl auch erstmal weiter stehen bleiben.
Vor dem russischen Überfall auf die Ukraine waren die Flugzeuge der Volga-Dnepr-Gruppe Stammgäste auf den großen Flughäfen der Welt. Mit Frachtern vom Typ Antonov An-124 und Ilyushin Il-76 gehörte die russische Airline zu den Speziallisten für übergroße Luftfracht. Leipzig/Halle gehörte zu den wichtigsten Flughäfen im Netzwerk von Volga-Dnepr, schließlich diente der ostdeutsche Flughafen als Wartungsstandort für zahlreiche Flugzeuge der Airline und als Basis für das inzwischen insolvente Tochterunternehmen Cargologic Germany.

Heute sind Flotte und Geschäft deutlich kleiner – und bald wohl in staatlicher Hand. Medienberichte aus Russland deuten darauf hin, dass Volga‑Dnepr noch in diesem Jahr in den Besitz des russischen Staates übergehen könnte. Wie airliners.de berichtet, deutete der bisherige Eigentümer Alexej Isajkin eine entsprechende Übergabe des Konzerns an. Isajkin äußerte sich demnach während der Feier zum 35-jährigen Jubiläum von Volga-Dnepr in Uljanowsk.
Zuvor hatte die russische Tageszeitung Kommersant über die Äußerungen Isaikins unter Berufung auf Quellen innerhalb des Konzerns berichtet, wonach die verbliebenen An-124 an das russische Verteidigungsministerium gehen könnten, während die kleineren Ilyushin Il-76 für kommerzielle Flüge innerhalb Russlands gedacht wären. Volga-Dnepr hat sein internationales Geschäft seit 2022 weitgehend verloren; Tochtergesellschaften wie AirBridgeCargo haben ihre westlichen Flotten stillgelegt oder eingelagert.
Wenn das Mutterland sagt, dass das Unternehmen dem Mutterland dienen soll, dann ist das eben so: Verstaatlichung, Beschlagnahme, ein faires Geschäft – in welcher Form auch immer.
Alexej Isaikin
Auch am Flughafen Leipzig/Halle stehen bis heute drei An‑124 von Volga‑Dnepr. Die Maschinen wurden gerade gewartet, als die EU am 28. Februar 2022 ihren Luftraum für russische Betreiber schloss. Neben dem EU-Flugverbot wurden die Maschinen aber wohl auch auch gerichtlich beschlagnahmt. Das teilte die Anwaltskanzlei Ilyashev & Partners im April 2022 mit, die den ukrainischen Flugzeugbauer juristisch vertritt. Hintergrund ist demnach ein Rechtsstreit zwischen Antonov und der russischen Luftaufsichtsbehörde. Im Kern geht es dabei darum, dass die russische Luftfahrtbehörde einem Unternehmen der Volga-Dnepr-Gruppe das Recht eingeräumt habe, Nachweise für die Flugtüchtigkeit der Frachtmaschinen, sogenannte Airworthiness Certificates, auszustellen.
Den Ukrainern zufolge dürfen diese Nachweise aber nur vom Hersteller selbst ausgestellt werden. Die Anwälte werfen Volga-Dnepr außerdem vor, sich bereits seit Jahren auf diese Weise selbst die Flugtüchtigkeit ihrer eigenen Maschinen bescheinigt zu haben. Antonov habe daher am Gericht des Kiewer Verwaltungsbezirks Sviatoshynskyi Klage eingereicht.
Die Parkentgelte für die in Leipzig/Halle abgestellten Maschinen werden seit dem Grounding aber weiter von der Airline gezahlt, erklärt Flughafensprecher Uwe Schuhart auf Nachfrage von Luftraum Ost. Offenbar plante das Unternehmen bislang, die Maschinen irgendwann wieder abzuholen. Sollten die Entgelte aber nach einer möglichen Zerschlagung des Unternehmens ausbleiben, würden die Maschinen weiter in Leipzig/Halle am Boden bleiben. Zum einen weil der europäische Luftraum für russische Maschinen weiter gesperrt ist. Aber auch, weil die Flugzeuge nicht mehr flugfähig sind, so Schuhart. Einem Bericht der Tagesschau zufolge wurden während der letzten Wartungsarbeiten vor drei Jahren die Triebwerke abmontiert. Wo sie sich heute befinden, ob sie etwa nach Russland gebracht wurden, sei aber unklar.
Sobald die Sanktionen einmal wieder aufgehoben werden, müssten im Falle einer tatsächlichen Zerschlagung der Volga-Dnepr erstmal durch das Bundesministerium für Verkehr die Eigentumsverhältnisse der abgestellten Maschinen geklärt werden. Die „Dauerparker“ bleiben deshalb wohl – so oder so – noch eine längere Zeit am Boden von Leipzig/Halle.