DDR-Luftfahrt: Deutsches Technikmuseum zeigt restaurierte IL-14

Das neueste Exponat des Deutschen Technikmuseums in Berlin: eine frisch restaurierte Iljuschin IL-14. (Foto: Ingo Weckwerth)

Nach fast 20 Jahren ehrenamtlicher Restaurierung erstrahlt eine Stück DDR-Luftfahrtgeschichte in neuem Glanz: Die Iljuschin IL-14 des Deutschen Technikmuseums Berlin erzählt als zentrales Ausstellungsstück von den Anfängen, Umbrüchen und Herausforderungen der ostdeutschen Luftfahrtgeschichte. Von der Lizenzproduktion in Dresden bis zur späten Rettung: Die IL-14 macht auch ein lange übersehenes Kapitel der Luftfahrt wieder sichtbar.

Die Iljuschin IL-14 war ein wahrer Allrounder der Luftfahrt in der DDR, wurde als Truppentransporter, VIP-, Mess- und Fotoflugzeug eingesetzt – mit dem Flugzeugtyp startete die noch junge DDR Mitte der 50er-Jahre zudem in die Verkehrsluftfahrt. Um dieses wichtige Kapitel ostdeutscher Luftfahrtgeschichte wieder sichtbar zu machen, hat das Deutsche Technikmuseum Berlin auch die umfassende Restaurierung des historischen Flugzeugs in Auftrag gegeben. Nun steht die fast 70 Jahre alte Maschine frisch restauriert im Hangar 4 des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof.

Die IL-14 war das erste Flugzeug der neu gegründeten DDR-Fluglinie Deutsche Lufthansa (Ost), der späteren Interflug. (Foto: Peter H. Feist | CC BY-SA 4.0)

Bei der IL-14 handelt es sich um ein in der Sowjetunion entwickeltes Flugzeug mit Kolbentriebwerken, das zwischen 1950 und 1962 in mehr als 1.100 Exemplaren gebaut wurde. Das Flugzeug bildete in gewisser Weise sogar die Grundlage für die DDR-Luftfahrtindustrie. Der VEB Flugzeugwerke Dresden fertigte von 1955 bis 1958 insgesamt 80 Maschinen der IL-14 in Lizenz.

Dresdner Lizenzproduktion um Erfahrung zu sammeln

Der Lizenzbau diente dabei auch dazu, ingenieurtechnische Erfahrungen für den später geplanten Bau des ersten deutschen Strahlverkehrsflugzeugs, der Baade 152, zu sammeln. Die 152 sollte als erstes vollständig in der DDR entwickeltes und gebautes Verkehrsflugzeug mit Strahlantrieb den Anschluss an die internationale Luftfahrtindustrie sichern. Das ambitionierte Projekt gelang nach dem Absturz eines Prototypen nahe Dresden nie zur Serienreife.

Mit dem Lizenzbau der IL-14 sollte in Dresden ingenieurtechnische Erfahrungen gesammelt werden, um später die Baade 152 (im Bild) produzieren zu können. (Foto: Mitteldeutsche Flughafen AG)

IL-14 weit verbreitet im Ostblock

Die Geschichte der IL-14 war hingegen deutlich erfolgreicher. Flugzeuge dieses Typs waren für Airlines in nahezu allen Ostblockstaaten im weltweiten Einsatz. Die Maschine entwickelte sich zu einem universell einsetzbaren Arbeitstier – vom Linienflug über den Truppentransport bis zu Messflügen. Auch das in Berlin restaurierte Exemplar hat ein bewegtes Einsatzleben hinter sich.

Die Maschine wurde als Dresdner Lizenzbau 1958 an die Nationale Volksarmee (NVA) ausgeliefert: Zunächst als Schul- und Fallschirmspringerflugzeug im Einsatz, erfolgte 1965 der Umbau zum Fotoflugzeug. Ab 1983 übernahm Interflug die Maschine für kurze Zeit, ehe sie im Jahr drauf dem Ministerium für Staatssicherheit als Bodentrainer für Antiterrorübungen diente. Mit der deutschen Einheit geriet das Flugzeug in Vergessenheit, war Vandalismus ausgesetzt. Erst 1992 übernahm das Technikmuseum das inzwischen stark lädierte Flugzeug in seine Sammlung auf.

Ehrenamtliche Detailarbeit

Doch das Flugzeug war dem Museum zufolge in einem so schlechten Zustand, dass es nicht ausgestellt werden konnte. Eine Gruppe von rund 20 Ehrenamtlichen, zumeist ehemalige Luftfahrtprofis – darunter Piloten, Mechaniker, Ingenieure und Mitarbeiter der Flugsicherung, viele mit Interflug-Hintergrund – begann 2006 mit der aufwändigen Restaurierung. Im Lauf der Jahre stießen weitere Engagierte hinzu. Viele von ihnen kennen das Flugzeug aus ihrem Berufsleben, hatten die IL-14 in ihrer aktiven Dienstzeit noch selbst erlebt.

Die Iljuschin wurde in liebevoller Arbeit von einer Gruppe ehrenamtlicher Mitarbeitender über fast 20 Jahre in den Zustand der 1960er Jahre versetzt. Hier einige der Ehrenamtlichen vor dem Flugzeug. (Foto: Jochen Schäffer)

In unzähligen Arbeitsstunden, oft unter schwierigen Bedingungen wie Werkstattumzügen, Ersatzteilengpässen, Winterpausen und Pandemieunterbrechungen, arbeiteten sie sich in den Folgejahren Schritt für Schritt an den ursprünglichen Zustand des Flugzeugs heran. Besonderes Augenmerk lag dabei auf historischen Details. „Bauteile wie Instrumente oder die Fotokamera wurden von den Ehrenamtlichen und dem Sammlungsbereich recherchiert und soweit möglich eingeworben“, erläutert Dr. Tiziana Zugaro vom Deutschen Technikmuseums auf Nachfrage von Luftraum Ost. Unterstützung erhielten die ehrenamtlichen Restauratoren zudem von den Elbe Flugzeugwerken in Dresden, die Foto- und Dokumentationsmaterial beisteuerten.

Auf eine Innenbesichtigung müssen Besucherinnen und Besucher allerdings verzichten: Der nach ihrem Einsatz als Ausbildungsmaschine erfolgte Umbau zum Fotoflugzeug hab den Innenraum schwer begehbar gemacht, erläutert Zugaro.

Nach der Restaurierung erstrahlt das Cockpit der IL-14 wieder in neuem Glanz. (Foto: Olaf Fritzsche)

Iljuschin zentrales Exponat zu DDR-Luftfahrt

Auch wenn den Besuchern der Blick in das Cockpit verwehrt bleibt, ist die nun restaurierte IL-14 ein spannender Exponat, das in die Sammlung des Technikmuseums bereits thematisch eingebettet ist: „Das Museum sammelt vornehmlich Objekte, die mit der deutschen Technikgeschichte – auch der ostdeutschen Technikgeschichte – verknüpft sind“, erklärt Zugaro. „Der Sammlungsbereich Luft- und Raumfahrt konzentriert sich seit einiger Zeit besonders auf Entwicklungen ab den 1950er-Jahren sowie auf aktuelle Fragestellungen. Mit der IL-14 konnten wir ein zentrales Objekt der DDR-Luftfahrt sichern.“

Aber erst durch die nun abgeschlossene Restaurierung kann die Maschine auch für die Ausstellungsarbeit genutzt werden. „Die IL-14 ist unser zentrales Großobjekt für die Auseinandersetzung mit der DDR-Luftfahrt“, so Zugaro weiter. „Aufgrund ihrer facettenreichen Geschichte eignet sie sich hervorragend, um ganz unterschiedliche Aspekte der ostdeutschen Luftfahrt zu thematisieren“ – von den Anfängen des zivilen Luftverkehrs bis hin zur politischen Dimension der Technikgeschichte.

Ostdeutsche Luftfahrtgeschichte jahrelang kaum präsent

Tatsächlich spielte die ostdeutsche Luftfahrtgeschichte in der gesamtdeutschen Erinnerungskultur lange nur eine untergeordnete Rolle. Während westdeutsche Luftfahrt-Meilensteine prominent in Museen und Medien vertreten sind, war das fliegerische Erbe der DDR lange kaum sichtbar.

Das lag auch an der DDR selbst. Bis zur Wiedervereinigung Deutschlands gab es in der DDR kein spezialisiertes Luftfahrtmuseum – Luftfahrtgeschichte wurde lediglich in Abteilungen wie im Verkehrsmuseum Dresden behandelt; eine eigenständige Technik-Sammlung begann erst nach der Wende durch private Initiativen.

Nur allmählich setzt eine Aufarbeitung der ostdeutschen Luftfahrtgeschichte ein – doch der Fokus lag vielfach auf einfach zu bekommende Interflug-Maschinen, die nach der Wende kurzfristig verfügbar waren. Exponate die an die frühere DDR-Luftfahrt hätten erinnern können, waren entweder kaum verfügbar oder in einem desolaten und ausstellungsunwürdigen Zustand.

IL-14 bleibt Einzelstück

Vor diesem Hintergrund bleibt die Restaurierung der IL-14 wohl auch ein einzigartiges Projekt: „Gegenwärtig sind keine weiteren Restaurierungsprojekte mit Bezug zur ostdeutschen Luftfahrt geplant“, erklärt Zugaro. Umso mehr verdient das abgeschlossene Projekt Beachtung: Wer die IL-14 sehen möchte, kann sie im Rahmen von geführten Rundgängen auf dem Tempelhofer Flughafengelände besichtigen. Dort steht die Maschine neben weiteren luftfahrthistorischen Exponaten wie der Focke-Wulf Fw 200 „Condor“ und der Douglas C-54 „Skymaster“.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert