
Fünf Jahre nach dem Start zeigt sich der BER heute von einer anderen Seite. Der Pannenflughafen, der über Jahre als Symbol für deutsches Großprojektversagen galt, hat sich leise, aber spürbar weiterentwickelt. Was einst als Mahnmal der Fehlplanung galt, funktioniert inzwischen – nicht spektakulär, nicht perfekt, aber solide.
Die Geschichte des BER ist bekannt und fast schon berüchtigt: Neun Jahre Verspätung wegen schwerer Bau- und Planungsmängel, die Baukosten lagen mit 6,5 Milliarden Euro dreimal so hoch wie ursprünglich geplant. Und dann ein Betriebsstart inmitten der Corona-Pandemie. Um die zu überstehen, konnten gleich zum Betriebsbeginn nur teure Kredite helfen.
Unendliche Geschichte voller Verzögerungen und Kostensteigerungen

Kaum ein Infrastrukturprojekt wurde so oft zum Sinnbild politischer Hybris stilisiert. Dass ausgerechnet dieser Flughafen heute aber auch viele Erfolge feiern kann, möchte man eigentlich kaum glauben – und doch sprechen die Zahlen eine klare Sprache. Denn erst vor wenigen Tagen hat der BER seinen 100-millionsten Fluggast begrüßt. Allein 2024 waren es 25,5 Millionen Passagiere, ein Plus von rund zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Insgesamt starteten und landeten in den letzten fünf Jahren mehr als 800.000 Flüge am BER, 50 Millionen Gepäckstücke und 200.000 Tonnen Fracht wurden verladen. Das alles sind nüchterne, aber beachtliche Kennzahlen, die zeigen: Der BER ist längst eine feste Größe im europäischen Flugverkehr.
Zudem erwirtschaftet der Flughafen zumindest im operativen Geschäft durch den Flugbetrieb nach eigenen Angaben seit 2022 einen Gewinn – allerdings belasten zahlreiche Kredite aus der Anfangszeit die Bilanz. Mit schwarzen Zahlen in der Gesamtbilanz wird deshalb erst in weiteren fünf Jahren gerechnet.
Digitalisierung und Nachhaltigkeit: BER im laufenden Umbau
Unterdessen entwickelt sich der Flughafen seit der Inbetriebnahme ständig weiter. So wurde in neue Technologien an den Sicherheitskontrollen investiert, der Self-Check-in gewinnt zunehmend an Bedeutung und die Vorfeldabfertigung erfolgt in Teilen bereits mit KI-Unterstützung. Auch in puncto Nachhaltigkeit kann der BER Fortschritte vorweisen: Photovoltaikanlagen auf den Parkhäusern, LED-Beleuchtung im Terminal, eine Halbierung der CO₂-Emissionen seit 2010. Das alles sind keine riesigen Schlagzeilen, aber Belege dafür, dass der Flughafen nicht stehen geblieben ist.

Wer den BER regelmäßig nutzt, spürt diese Entwicklung auch abseits der Zahlen. Die Abläufe sind klarer, das Personal wirkt eingespielter – nur die Wege am Flughafen könnten logischer und kürzer sein, vor allem wenn die Laufbänder mal wieder ausfallen. Die Bahnanbindung ist auf dem Papier vorbildlich, scheitert in der Praxis aber am zu dünnen Fernverkehrsangebot.
Es gibt aber – auch im übertragenen Sinn – einige Baustellen, die der Flughafen selbst zu verantworten hat. Zu Stoßzeiten und gerade während der Ferien stauen sich immer wieder Passagiere an den Sicherheitskontrollen, die gastronomische Auswahl in den Terminals bleibt überschaubar, und die Pünktlichkeit ist weiter ein Problem. Laut der aktuellen Analyse des Verbraucherportals Flightright verzögerten sich im Sommer knapp 32 Prozent aller Starts um mindestens 15 Minuten. Dass die meisten großen Flughäfen in Europa mit ähnlich schlechten Werten zu kämpfen haben, zeigt aber auch, dass die Branche hier mit strukturellen Problemen ringt – etwa beim Personal, der Abfertigung oder im überlasteten Luftraum.
Fehlende Langstrecken bleiben strukturelles Problem
Für den BER selbst liegen die größeren Herausforderungen aber ohnehin nicht im Betrieb, sondern in der strategischen Ausrichtung. Der Abschied von Norse Atlantic Airways nach Ablauf des Sommerflugplans 2025 hat schmerzhaft gezeigt, dass Berlin im interkontinentalen Streckennetz weiterhin unterrepräsentiert ist. Zwar gibt es mit Air Transat eine neue Nonstop-Verbindung nach Toronto, doch im Vergleich zu Frankfurt oder München bleibt das Angebot am BER überschaubar. Es ist kein Geheimnis, dass Airlines ihre Langstreckenangebote in Deutschland lieber an größeren Hubs bündeln – ökonomisch nachvollziehbar, aber für den Hauptstadtflughafen ein strukturelles Dilemma.
Hinzu kommen Fragen der digitalen Sicherheit – ein Thema, das in den letzten Wochen unübersehbar geworden ist. Der Cyberangriff auf Systeme von Collins Aerospace hat deutlich gemacht, wie verwundbar selbst moderne Flughäfen heute sind. Zwar reagierte der BER schnell und transparent, doch der Vorfall zeigte, dass Sicherheit heute weit über Brandmelder und Terminaltüren hinausgeht. Flughäfen sind kritische Infrastrukturen, deren Sicherheitsniveau sich auch daran messen lassen muss, wie gut ihre Daten und Systeme geschützt sind.
Trotz all dieser Baustellen steht der BER heute besser da als viele wohl vor einigen Jahren noch gedacht hätten. Und auch das Image beginnt sich zu wandeln: vom Spottobjekt der Republik zum unaufgeregten Teil des Verkehrssystems. Nicht, weil er perfekt ist – sondern weil er inzwischen verlässlich funktioniert.

