Dresden: Flughafenchef warnt vor Lufthansa-Rückzug

Noch rollen Lufthansa-Airbusse auch in Dresden zum Start – aber wie lange bleiben die Verbindung nach Frankfurt/Main und München noch bestehen? (Foto: Lufthansa | Oliver Roesler)

Nach den jüngsten Aussagen von Lufthansa-Chef Carsten Spohr zur möglichen Streichung weiterer innerdeutscher Flüge warnt der Chef der Flughäfen Dresden und Leipzig/Halle vor tiefgreifenden Folgen für Ostdeutschland. Er fordert eine Senkung der staatlich verursachten Standortkosten und sieht nicht nur einzelne Flughäfen, sondern die Anbindung ganzer Regionen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in Gefahr.

Die Ankündigung der Lufthansa, innerdeutsche Verbindungen in größerem Umfang zu überprüfen, sorgt an Ostdeutschlands Flughäfen für Unruhe. Der Vorstandsvorsitzende der Mitteldeutschen Flughafen AG (MFAG), Götz Ahmelmann, hat sich in einem LinkedIn-Posting klar zu den Plänen des Konzerns positioniert. Er betont, dass es nicht nur um einzelne Strecken oder Standorte gehe, sondern um die Anbindung ganzer Regionen und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland. „Sachsen schaut nicht zu – wir werden alles tun, damit Dresden verbunden bleibt“, so Ahmelmann.

Hintergrund ist eine Aussage von Lufthansa-Chef Carsten Spohr, der wegen hoher Steuern und Gebühren weitere innerdeutsche Streckenstreichungen in Aussicht gestellt hat. Spohr erklärte der Welt am Sonntag: „Es geht um rund hundert innerdeutsche Flüge pro Woche, die im kommenden Sommer nochmals wegfallen könnten.“ Als Grund nannte er stark gestiegene Standortkosten in Deutschland, etwa durch Gebühren, Luftverkehrsteuer und Sicherheitskosten. Bestimmte innerdeutsche Strecken, darunter auch die Verbindung zwischen München und Dresden, seien nach seinen Angaben „jeden Tag defizitär“.

Wir werden alles tun, damit Dresden verbunden bleibt!
Götz Ahmelmann | Mitteldeutsche Flughafen AG

Inlandsverkehr unter Vorkrisenniveau

Die Zahl der Passagiere auf Inlandsflügen hat – anders als auf Auslandsstrecken – nach der Coronapandemie nicht wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Das zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Im Vergleich zu 2019 lag das Aufkommen im vergangenen Jahr noch immer um fast die Hälfte (-48,5 Prozent) niedriger. Branchenverbände führen dies vor allem auf den Rückgang von Geschäftsreisen zurück, die zunehmend durch Videokonferenzen ersetzt werden.

Flughafenchef Götz Ahmelmann (Foto: Mitteldeutsche Flughafen AG)

Offenbar ist nach Ansicht von Ahmelmann die geringe Auslastung auf den von der Lufthansa ab Dresden bedienten innerdeutschen Verbindungen jedoch weniger auf mangelnde Nachfrage zurückzuführen, sondern in erster Linie auf hohe Standortkosten. Er fordert deshalb Anpassungen bei Luftverkehrsteuer, Luftsicherheitskosten und Flugsicherungskosten. Nur so, so Ahmelmann, bleibe Deutschland erreichbar und „Sachsen verbunden.“

Gemeinsam mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Finanzminister Christian Piwarz (CDU) wolle er sich „dafür einsetzen, dass Dresden verbunden bleibt“. Gleichzeitig machte er deutlich, dass nun der Bund gefordert sei: „Ein Bundesland kann nicht dauerhaft ausgleichen, was der Bund durch ein Übermaß an Abgaben, Steuern und regulatorischen Hürden strukturell verteuert. Das wäre wirtschaftlich unsinnig – rechte Tasche, linke Tasche – und schwächt am Ende alle.“

Entlastung offen: Bundesregierung prüft Spielräume bei Ticketsteuer

Zumindest die Rücknahme der letzten Erhöhung der Luftverkehrsteuer war bereits im Koalitionsvertrag von Union und SPD festgehalten worden – allerdings nur unter Finanzierungsvorbehalt. In dem Ende Juli vorgestellten Haushaltsentwurf von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) findet sich die Senkung der Ticketsteuer aber nicht wieder. Inzwischen prüft die Bundesregierung nach eigenen Angaben aber die Handlungsräume hinsichtlich einer Entlastung der Fluggesellschaften.

Die von der Lufthansa angedrohten Streckenstreichungen kommen allerdings zu einem Zeitpunkt, an dem die ostdeutschen Flughäfen bereits mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert sind. Vor allem Dresden verzeichnet weiter rückläufige Passagierzahlen. Leipzig/Halle profitiert zwar stark vom Frachtgeschäft, im Linienverkehr fehlen jedoch wichtige Verbindungen zu den Hubs anderer Airlines, der Schwerpunkt liegt auf touristischen Angeboten.

IHK Dresden: Verlässliche Flugverbindungen als Standortfaktor

Ein möglicher Rückzug der Lufthansa könnte diese Lage zusätzlich verschärfen. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden betonte Anfang August im Gespräch mit Luftraum Ost, dass verlässliche Flugverbindungen ein zentraler Standortfaktor für die regionale Wirtschaft sind – insbesondere für mittelständische Unternehmen, exportorientierte Branchen und internationale Investoren. Weniger Flugverbindungen führten nicht nur zu weniger Umsteigemöglichkeiten und damit verlängerten Reisezeiten, sondern beeinträchtigten auch die Planungssicherheit für Geschäftsreisen, Tourismus und Messewirtschaft.

Bereits im ab Ende Oktober in Kraft tretenden Winterflugplan 2025/26 hat die Lufthansa ihr innerdeutsches Angebot reduziert. Die Verbindung Leipzig/Halle–Frankfurt wird nur noch drei- bis viermal täglich bedient. Ab Dresden fliegt die Lufthansa nach München bis zu drei Mal und nach Frankfurt bis zu vier Mal pro Tag. Die Verbindung von Leipzig nach München hatte die Lufthansa mit dem Sommerflugplan 2025 eingestampft. Die Konzerntochter Eurowings hatte Ende vorigen Jahres die Strecke Leipzig-Düsseldorf aus dem Programm genommen. Außerdem hat die Lufthansa ihrem Bodenpersonal an den Airports Dresden und Leipzig/Halle gekündigt.

Ob es – wie von Carsten Spohr angedeutet – im Sommerflugplan zu weiteren Streichungen kommt, dürfte sich in den kommenden Tagen entscheiden. Nach Angaben des Unternehmens soll der Sommerflugplan 2026 Ende Oktober oder Anfang November veröffentlicht werden.

Zuschüsse für Dresden auf der Kippe: Länder verhandeln, Konzept fehlt noch

Parallel dazu spitzt sich die Debatte um den Dresdner Flughafen selbst zu: Sachsen-Anhalt, mit knapp 19 Prozent Anteil an der MFAG beteiligt, kündigte an, ab 2027 keine Zuschüsse für den defizitären Flughafen mehr zahlen zu wollen. „Das Land Sachsen-Anhalt will sich an Verlusten, die durch den Flughafen Dresden entstehen, nicht weiter beteiligen“, erklärte Sachsen-Anhalts Finanzminister Michael Richter (CDU).

Wie es ab 2027 aber weitergehen soll, ist noch immer offen. Weder die Landesregierung in Magdeburg noch die sächsische Staatsregierung haben bislang ein konkretes Konzept vorgelegt. Das Finanzministerium Sachsen-Anhalts teilte Luftraum Ost im September lediglich mit, dass die Gespräche zwischen beiden Ländern laufen und bis Ende des Jahres abgeschlossen werden sollen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert